Radio macht Mut: Empowerment am Mikrofon
Bei coloRadio erleben wir es nahezu jeden Tag. Wenn Menschen das erste Mal vorm Mikrofon stehen, ist die Aufregung groß. Doch schnell wachsen Sicherheit und Selbstvertrauen. Wir geben Raum für alle Menschen, hier Radio zu machen – nach den eigenen Vorstellungen, nach den Bedürfnissen der Macher*innen und der Community, die sich um eine Sendereihe oder einen Podcast formiert. Tolle und einzigartige Beispiele gibt es en masse. An dieser Stelle möchten wir einige Sendereihen vorstellen, die nicht nur informieren und unterhalten, sondern Mut machen. Radio ist mehr als Entertainmaint und Journalismus. Radio kann den Weg ebenen zu mehr Entscheidungsfreiheit, zu Souveränität und einer selbstbestimmten Lebensgestaltung. Hier kann man über selbst gesetzte und erlebte Grenzen hinausgehen und an Herausforderungen wachsen.
Duc und Osman kamen 2021 in die coloRadio-Studios. Ohne große Vorerfahrungen starteten sie die Podcast- und Sendereihe „Kanaxiatisch“. Sie wollten marginalisierten Gruppen eine Stimme geben und über Rassismuserfahrungen sprechen. Die Beiden standen aber auch stellvertretend für eine nachwachsende Generation von Menschen, für die Vielfalt Normalität ist, die sich kritisch mit der Geschichte und den Ikonen der Wissenschaft auseinandersetzt.
Ganz auf die Bedürfnisse der arabischsprachigen Community in und um Dresden startete ebenfalls 2021 die Sendereihe Salam Dresden, ein zweisprachiges Magazinformat mit Interviews, mit Ratgeber-Charakter zu verschiedenen aktuellen sozialen, kulturellen und Bildungsthemen. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie konnten Aziz Bachouri, Annick Ghaldouni und Mahdi Yahya Vernetzungsarbeit leisten, den arabischsprachigen Menschen in der Stadt Mut machen, nützliche Tipps geben, Sicherheit geben und einen Erfahrungsaustausch ermöglichen, der sonst während eines Lockdowns so nicht möglich gewesen wäre.
Die Hörfunkjournalistin Wendy Fernandez gibt in ihrer Sendung „La Voz Latina en Dresden“ einen Einblick in die facettenreiche Kulturlandschaft Lateinamerikas und kann auf diese Weise die Arbeit hier fortsetzen, die sie in ihrer Heimat begonnen hat. Ihre Sendung richtet sich nicht nur an die lateinamerikanische Community in Sachsen, sondern auch an spanischsprachige Interessierte aus Deutschland, die ihren Horizont erweitern und mehr über den Einfluss von Musik, Popkultur oder Folklore auf die verschiendenen Gesellschaftsformen in Süd- und Mittelamerika erfahren wollen.
Der Psychologe Victor Labra-Holzapfel hat auf coloRadio ein multimediales Talk-Format entwickelt, das es so noch nicht gegeben. In seiner zweimal zweistündigen Sendereihe spricht er ausführlich mit Menschen mit Migrationsgeschichte über deren Erlebnisse, Lebenswege und deren Umgang mit Neustarts, mit schwierigen Situationen. Hier geht es um Erinnerungskultur und Biografiearbeit. Aus diesem Projekt erwachsen ist der Verein SIK e.V., der mit seiner Arbeit das Medium Radio für migrantische Gruppen, Vereine und Initiativen zugänglich und attraktiv macht und demokratisches Miteinander fördert.
Lei vom Genderkompetenzzentrum moderiert mit herausragender Souveränität und Klarheit den Podcast / die Sendereihe Frauen* im Dialog. Ihr geht es maßgeblich darum, rassismuskritische und gendersensible Allianzen zu knüpfen, Akteur*innen zusammenzubringen, die ähnliche Arbeitsfelder und Interessen haben, sich aber bislang noch nicht austauschen konnten. Aus kleinen Zusammenkünften wie Radiogesprächen in unseren Studios kann Großes erwachsen. Diese Reihe bahnt den Weg dorthin.
Ganz andere Welten eröffnen sich, wenn man die Sendung des russisch-deutschen Filmemachers „Sewernaja Swezda“ (russ. für Polarstern) hineinhört. Der Kosmos-affine Regisseur ist gut vernetzt in der Kunst- und Kulturwelt. Opernsängerinnen, Maler, Bildhauer*innen gehen bei ihm ein und aus. Er engagiert sich für ukrainische Geflüchtete ebenso wie für die Dresdner Aidshilfe und tanzt auf nahezu allen Hochzeiten der Stadt. Mal triffft man ihn im Anzug, mal mit Engelsflügeln und Kosmonautenhelm in der Dresdner Neustadt oder im Zentralwerk an. Für die einen ist er das Enfant terrible der Dresdner Off-Kultur, für Andere ist er wichtiger Netzwerker, verkannter Künstler oder großer Kenner osteuropäischer Kultur.
Wie steht es um die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft? Das ist die große Frage, die sich die Redaktion der Sendereihe „Jetzt entscheide ich“ regelmäßig stellt. Inklusion, Integration und Barrierefreiheit sind hier große Themen. Der folgende Sendungsmitschnitt gibt einen guten Eindruck von dem, was hier regelmäßig geschieht.
Sigurd Schlomo Goldenbogen ist Teil der Dresdner jüdischen Gemeinde. In seiner Sendung „Schlomo trifft“ potraitiert er Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen. Respektvoll und auf Augenhöhe gibt er ihnen eine Stimme und befördert deren reichen Erfahrunsschatz an die Oberfläche.
Unsere Studiotüren stehen allen Menschen aus allen Kulturen offen, ganz gleich welche Voraussetzungen sie mitbringen. Hast Du auch Lust, selbst eine Radiosendung zu produzieren? Kontaktiere uns per Mail: neu@coloradio.org oder besuche unsere Treffen für neue Sendungsmachende, immer am zweiten Dienstag im Monat, 19 Uhr in unserem Redaktionsraum, Riesaer Straße 32, Dresden-Pieschen.